Das Hittorf-Gymnasium hat 104 Abiturientinnen und Abiturienten feierlich in der Hiltruper Stadthalle verabschiedet. Sieben von ihnen schafften sogar die Spitzennote 1,0.
Nach einem Wortgottesdienst am Dienstag, dem 13.06.2023 hieß Schulleiter Thorsten Korfsmeier alle Abiturient*innen und ihre Familien, sowie die Lehrer*innen willkommen und begann seine Rede mit der Frage, was Bildung heute eigentlich bedeute, die er mit Verweis auf den Philosophen Adorno beantwortete.
Nach dieser Einleitung gestand er überraschend, dass diesen Redebeginn nicht er selbst, sondern ChatGPT verfasst habe und führte dies als Beispiel dafür an, dass mit dem Reifezeugnis heute ein Auftrag an die jungen Erwachsenen ergehe, sich den zahlreichen Anforderungen zu stellen, die derzeit existieren: die künstliche Intelligenz, den Krieg in der Ukraine, den Klimawandel und die zunehmende Sympathie für autokratische Herrscher und den Populismus.
Der Bildungsbegriff von Adorno sei aktueller denn je: es gehe darum, sich kritisch zu verhalten und differenzierte Antworten auf komplexe Probleme zu finden. Er sei sich sicher, dass die Abiturient*innen diese Hürden meistern würden.
Elternvertreter Dietmar Meyer hob besonders hervor, dass die Schüler*innen die leidvolle Zeit der Coronapandemie überstanden und bewältigt hätten. Er formulierte den Wunsch im Namen aller Eltern, dass die Abiturient*innen das nachholen könnten, was in Coronazeiten nicht möglich war: „Feiert! Besucht Konzerte und Parties! Geht auf Reisen! Lacht miteinander und lebt Eure Jugend!“
Jahrgangsstufenleiter Harald Kehlbreier zitierte Udo Lindenbergs Song „Komet“ mit kritischer Absicht. Der Satz „ich will einen Fußabdruck von mir, stärker als die Zeit“ klinge deprimierend und stressig. Er stellte die Frage, ob wir tatsächlich immer voll aufdrehen müssten, damit sich jemand an uns erinnern würde. Er lud alle Anwesenden zum Nachdenken über die Frage ein, wer Fußabdrücke und Spuren im eigenen Leben hinterlassen habe. Nicht nur auf die großen Eindrücke komme es an, sondern oftmals blieben die kleinen Spuren in Erinnerung. Eltern seien Wege vorangegangen, hätten Spuren ausgelegt, waren Begleiter, Ermahner, diejenigen, die Mut zugesprochen hätten und Trost bei Misserfolgen oder Unsicherheiten gespendet hätten. Lehrer*innen hätten Fußspuren angeboten, die Einige mit Freude, Andere widerwillig angenommen hätten, eigene Wege seien beschritten worden.
Kehlbreier wies darauf hin, dass nicht nur fachliche Leistungen eine Stufe ausmachen, sondern vor allem gemeinsames soziales Engagement. Gebildet sein heiße auch sich einzumischen. Er hob die Aktionen zum Ukraine-Krieg und zu „Fridays for Future“ als prägende Erlebnisse hervor.
Dem scheidenden Oberstufenkoordinator Klaus Posingies sprachen Kehlbreier und Korfsmeier den Dank der Schulgemeinde aus: er habe die Schule geprägt aus Überzeugung, mit Freude am Mitgestalten und einem nie müde werdenden Interesse für junge Menschen. Diesen Dank formulierten auch Schüler*innen der Bigband, die von Posingies jahrzehntelang geleitet wurde. Gerade in schwierigen Zeiten, so Luca Zimnick, sei dessen Begeisterung fürs gemeinsame Musizieren ein unverzichtbarer Halt und motivierender Ansporn gewesen.
Es wurden „MINT“-Zertifikate, Chemie-Ehrungen, Mitgliedschaften der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und eine Mitgliedschaft der Deutschen Philosophischen Gesellschaft verliehen.
Schülersprecherin Lina Wolzenburg freute sich über die rotstiftfreie Zone, die allen Abiturient*innen nun bevorstünde, und warf einen Blick in die Vergangenheit, stellte gemeinsame Erlebnisse heraus und warf einen kritischen Blick auf die pandemiebedingten Videokonferenzen und die Ipad-Einführung, die weniger für die Schüler*innen als vielmehr für manche Lehrer*innen eine besondere Herausforderung gewesen sei.
Der Vorsitzende des Vereins der Ehemaligen „Die Hittorfer“, Heinz-Peter Pascher, ehrte mit fünf Preisen Schüler*innen, die sich in besonderer Weise, z.B. im Bereich Musik, Literatur, Sport, im Engagement bei der sprachlichen Unterstützung der Kinder aus der Ukraine und für die Gemeinschaft am WHG eingesetzt haben: „Das Leben besteht aus Verbindungen, besonders im Berufsleben“. Da sei es gut, wenn man ab und zu Kontakt zu ehemaligen Mitschüler*innen halte, zum Beispiel im Verein „Die Hittorfer“.
Für den musikalischen Rahmen der Feier sorgte eindrucksvoll die Bigband unter der Leitung von Klaus Posingies. Besonders die Version „Time after Time“ (Cyndi Lauper/Rob Hyman) wird allen Anwesenden noch lange als Hochgenuss im Ohr bleiben.
A. Follak
Dieser Artikel erschien gekürzt auch in der WN am 15.06.2023.